Editorial 6/2022
Mehr Miteinander statt feindliches Gebaren
Warum sind alle so „angelangt“? Das ist ein Thema, welches mich wirklich umtreibt. Ich fahre regelmäßig in meiner Heimatstadt München Auto (nein, noch kein Fahrrad), aber, was ich beobachtet habe, kann in jeder Stadt passieren. Bei einem kleinen Stau (eigentlich nicht der Rede wert in einer Stadt wie München) drohte ein Fußgänger, der über die Straße ging und dafür bestens Platz hatte, den anderen Autofahrerinnen und -fahrern – insbesondere mir in meinem Wagen – mit der Faust. Von mir erntete er dafür ein völlig verständnisloses Kopfschütteln. Ich war mir gar nicht bewusst, dass ich irgendetwas hätte besser machen können – und ich halte mich, wie alle, für eine extrem umsichtige Autofahrerin. Auch war es nicht das Wetterphänomen Föhn, das sein Verhalten irgendwie hätte erklären können.
Ein weiteres Erlebnis: Auf dem Mitarbeiterparkplatz meiner Arbeitsstätte in Tübingen stand ein Wagen und blockierte die Ausfahrt. Ich fuhr also nach Dienstschluss vorsichtig aus meinem Parkplatz, woraufhin der in dem besagten Auto sitzende Herr auf mich zufuhr, mich blockierte und sich unter Schimpfen standhaft weigerte, rückwärts zu fahren. Für ihn wäre das wohl einfacher gewesen als für mich. Mich irritierte besonders, dass ich den Herrn, der sich hier auf einem Klinikparkplatz mit mir einen „Kampf“ lieferte, noch nie zuvor gesehen hatte. Ein Mitarbeiter war er, der so auf seinem gefühlten Recht beharrte, wohl eher nicht.
Nun werden Sie sich vielleicht nach der langen Vorrede mit diversen Anekdoten fragen, worauf ich denn nun hinaus will? Deshalb möchte ich gerne zum Punkt kommen: Es geht mir um dieses „Angelangtsein“, das mir neuerdings allerorts begegnet. Warum sind alle so „angelangt“, beharren auf ihrem „Recht“, drohen mit der Faust? Ja, es sind schwierige Zeiten, davon berichtete ich in meinem letzten Editorial in der Ausgabe 04/22 schon mal, aber die werden definitiv nicht besser, wenn wir alle nicht mehr nett oder höflich zueinander sind. Im Straßenverkehr, bei Türen, am Telefon: Nettigkeit ist einfach etwas Wunderbares. Was vergebe ich mir denn, wenn ich ein kleines Stück zurückfahre, wenn es für den anderen schwieriger ist, oder wenn ich im Straßenverkehr Ruhe bewahre, statt mit der Faust zu drohen oder wenn ich jemandem an einer Engstelle, am Gehweg oder an einer Tür den Vortritt lasse? Gar nichts! Stattdessen bekomme ich meist vom Gegenüber ein extrem erfreutes Lächeln oder ein Dankeschön und für beide Fremden wird der Tag durch diese kurze Begegnung ein bisschen besser.
Ich möchte gern für die Freundlichkeit im Umgang miteinander und mit unseren Mitmenschen werben! Es kostet nichts und macht das Leben einfach schöner! Dieses verrohte Gebaren auf den Straßen und durch die Windschutzscheibe kostet nicht nur das Gegenüber, sondern insbesondere auch den Betreffenden selbst Kraft. Und Kraft verschenken können sicher die wenigsten von uns in diesen Tagen.
Das bringt uns zum Thema Weihnachten und Jahreswechsel. Wie verbringen Sie diese Tage? Mit der Familie? Auf Reisen? Allein? Falls allein, dann hoffentlich aus eigenem Antrieb und nicht mangels Alternativen. Auch hier vergeben wir uns aus meiner Sicht nichts, wenn wir mal an unsere Mitmenschen denken. Gibt es in meinem Umfeld jemanden, dem ich einen großen Gefallen erweisen könnte, wenn ich ihn auffordere, mitzufeiern? Sie wissen, geteilte Freude ist doppelte Freude! Oder, wenn das nicht passt und zu viel ist, bringt auch ein Anruf bei jemand Alleinstehenden viel und lichtet die Einsamkeit. Diese wiegt niemals so schwer wie an den Feiertagen um Weihnachten und dem Jahreswechsel, wenn alle sich auf ihre Familie und Freunde konzentrieren und die, die dahingehend nicht so gut versorgt sind, außen vor bleiben. Überlegen Sie vielleicht mal, ob Ihnen nicht jemand einfällt, dem Sie da etwas Gutes tun können. Ich mache das genauso. Dann fühlt sich Weihnachten auch mehr nach Weihnachten an!
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und Ihren Lieben, auch im Namen meiner Vorstandskollegen und -kolleginnen in der ADK alles Gute für die Feiertage und den Jahreswechsel! Lassen Sie uns alle gemeinsam an die Kraft der guten Gedanken und kleinen guten Taten glauben und im neuen Jahr wieder mit Elan weitermachen! Es stehen in der Medizin und für uns Ärztinnen und Ärzte weiterhin wichtige Themen an!
Herzlichst Ihre
Professor Claudia Borelli
Spezielle Informationen für Laien zum Thema Haut, Hautpflege und Kosmetik
ästhetische dermatologie & kosmetologie 4/2024
Themenschwerpunkte aus allen Bereichen der ästhetischen Dermatologie