Editorial 5/2020
Neue Zeiten erfordern neue Antworten
Seit nunmehr einem dreiviertel Jahr hält uns die Coronapandemie in Atem. Jeder von uns hat mittlerweile notgedrungen seine persönliche Antwort auf diese Herausforderung gefunden.
Mehr oder weniger gut hat auch das Gesundheitswesen gelernt, mit der Pandemie umzugehen. Einen erneuten Shutdown soll es nicht geben. Stattdessen versucht die Politik, mit einfach verständlichen Ampeln die Ausbreitung der Corona-Infektion einzudämmen und Risikozonen zu markieren. Lokale Einschränkungen des gewohnten Lebens sind an der Tagesordnung, die Lage wird zunehmend unübersichtlich. Unsere persönlichen Planungen haben sich dabei oft genug als Luftbuchungen erwiesen, denken wir nur an den verdienten Urlaub.
Das Praxismanagement wird in dieser Zeit zur Herausforderung. Minimierung der Risiken für Personal und Patienten, strikte Durchsetzung der Hygienestandards, Motivation des Praxisteams, intensive Bearbeitung des Themas Sonderzahlungen und Kurzarbeit mit dem Steuerberater. Wie Kollegen mit den Auswirkungen von COVID-19 umgehen und welche Maßnahmen Experten empfehlen, können Sie ab Seite 8 lesen.
Wir selbst haben es bisher ohne fremde Hilfe geschafft zu überleben. Auch wenn wir ohne medizinisch nicht notwendige Eingriffe auskommen mussten und oft auch für die Kliniken einsprangen. Da wirkt die Reduktion der Hygienepauschale für Privatpatienten auf den einfachen GOÄ-Satz wie Hohn (seit 1.10.2020 nur noch 6,41 € statt wie bisher 14,75 €!). Zumindest sollte dieser Satz dann für alle Patienten inklusive GKV gelten. Wir finanzieren die GKV weiterhin aus unserem eigenen Topf, was die Erhöhung um 1,25% für kommendes Jahr eindrucksvoll bestätigt.
Spannend wird es jetzt im 4. Quartal. Was haben die Politik und das Gesundheitswesen aus der ersten Corona-Welle gelernt? Wann kommt eine Vergütung des Mehraufwands im GKV-Bereich? Bleibt es bei der bestehenden Honorarverteilung im GKV-Bereich, wenn wir wegen der Hygiene- und Abstandsregeln in der gleichen Zeit nur deutlich weniger Patienten behandeln können? Wie ergeht es den Privatpraxen, wenn unsere Patienten wegen Corona-Angst daheim bleiben und Termine nicht wahrnehmen? Überhaupt: Wo bleibt auch die finanzielle Anerkennung für die Arbeit der Ärztinnen und Ärzte in dieser schwierigen Zeit?
Früher glänzte die Dermatologie durch eine Vielzahl von Zusatzbezeichnungen und Teilgebieten. Heute ärgert es mich noch immer immens, wenn wir wiederum ein Teilgebiet unseres Faches beziehungsweise eine Zusatzbezeichnung meist aus pekuniären Gründen aufgeben; denken wir an die Entwicklung der Andrologie, Phlebologie oder Mykologie. Die meisten dieser Teilgebiete finden sich wegen Unterfinanzierung und mangelndem Interesse nur noch an spezialisierten Zentren. Die aktuelle Entwicklung wird die Verteilungskämpfe in der Medizin auf Dauer eher noch anheizen. Also müssen wir uns strategisch intelligent platzieren.
Die ästhetische Dermatologie ist nach wie vor ein Wachstumsgebiet, das sich unter Dermatologen nicht nur hohem Interesse sondern auch einer stetig wachsenden wissenschaftlichen Wertschätzung erfreut. Die Verleihung des Beauty-Care-Preises und die Qualität der eingereichten Arbeiten haben dies in diesem Jahr wieder eindrucksvoll bestätigt.
Während sich also unser Fach stetig weiter entwickelt und viele neue und immer mehr jüngere Kollegen ebenfalls intensiv am Ausbau der Disziplin arbeiten, verzeichnet auf der anderen Seite unser Einfluss auf Gesundheitspolitik und letztendlich auch die Honorierung unserer Leistungen einen Rückschlag nach dem anderen. Der letzte Stein des Anstoßes ist die Verteilung von Milliarden Euro für Gesundheit und Pflege unter Ausschluss der niedergelassenen Kollegen. Unglaublich, wenn man weiß, dass gerade im ambulanten Sektor des Gesundheitswesens vier von fünf COVID-19-Patienten behandelt wurden – wenn auch nicht immer von Dermatologen. Aber wir haben während der Coronakrise stets zur Qualität einer differenzierten Medizin beigetragen und sowohl die Klinik als auch andere Fachgebiete wirksam entlastet. Es ist tatsächlich an der Zeit, dass wir Hautärzte unsere Positionierung in alle Richtungen überdenken und ein zukunftsfähiges Konzept für die Zeit während und nach Corona für die Dermatologie entwickeln.
Dank den Aktivitäten der ADK hat sich zumindest auf unserem Gebiet Einiges getan. Mehr Seminare und Praxiskurse spiegeln sich in einer steigenden Zahl von Mitgliedern wider: Mittlerweile gehen wir auf die 400 zu. Unsere Vorsitzende Prof. Claudia Borelli engagiert sich hier beispielhaft mit ihrer nunmehr schon traditionellen Tübinger Tagung.
Im Bereich der Publikationen glänzt unser Fachjournal. Bei der aktuellen Leseranalyse Medizin (LA-Med) konnte die „ästhetische dermatologie & kosmetologie“ hervorragend abschneiden: Zwei von drei Dermatologen (66,3 %) lesen die Zeitschrift regelmäßig, was gut für Platz 3 in der Gesamtwertung ist. Bei den niedergelassenen Hautärzten ist sie sogar die am zweithäufigsten gelesene Fachzeitschrift.
Wir bedanken uns bei dem Springer Medizin Verlag und seinen verdienten Mitarbeitern. Die Arbeitssitzungen im Verlagshaus sind stets fruchtbar und von beiderseitigem Respekt und zielgerichteter Kooperation geprägt. Wir hoffen, damit dem geneigten Leser die Möglichkeit zu mehr aktueller und hochwertiger Information zu geben. Wir sind für weitere Ideen und Vorschläge aus dem Kreise unserer Mitglieder dankbar. Insbesondere internationale Kongressberichte, Trends und persönliche Erfahrungen aus der Praxis sollen in der Zukunft einen weiteren Teil der Berichterstattung einnehmen getreu dem Motto: Tue Gutes und rede darüber!
Mit freundlichem Gruß und bleiben Sie gesund!
Ihr
Dr. Matthias Herbst
Spezielle Informationen für Laien zum Thema Haut, Hautpflege und Kosmetik
ästhetische dermatologie & kosmetologie 5/2024
Themenschwerpunkte aus allen Bereichen der ästhetischen Dermatologie