Editorial 4/2022

Summertime

Nach dermatologischen Kongresshighlights wie der DERM in Frankenthal, dem Grundkurs für ästhetische Dermatologie und Anatomiekurs in Tübingen und der Fortbildungswoche für praktische Dermatologie in München verbringen die meisten von uns wahrscheinlich ein paar Wochen Ferien.

Ich fand es wahnsinnig wichtig und auch schön, viele Kolleginnen und Kollegen nach zwei Jahren Pandemie mal auch auf den großen Kongressen live wiederzusehen. Nur digital ist eben doch nicht das Gleiche. Auf der anderen Seite war das Programm nun im Juli extrem dicht gepackt und gedrängt – jedes Wochenende ein mehrtägiger dermatologischer Kongress ist durchaus auch etwas anstrengend. Gut, wenn sich dies wieder entzerrt, sobald wir hoffentlich einen besseren Umgang mit der Pandemie und ihren Zwängen gefunden haben oder diese abflaut.

Insofern kam dann die Urlaubszeit gerade noch rechtzeitig. Wie haben Sie diese wichtigen Tage verbracht? Oder gehören Sie zu denen, die kaum noch abschalten können? Damit wir unsere Arbeitskraft und auch unsere Kräfte im Privatleben zusammenhalten können, müssen insbesondere wir Ärztinnen und Ärzte es lernen, uns auch für uns selbst und unsere Bedürfnisse Zeit zu nehmen. Das kann die jüngere Generation oft viel besser als es die „Babyboomer“ und die darauffolgenden Generationen vermögen. Trotzdem erreichen uns natürlich auch in der Urlaubszeit viele Nachrichten, von denen kaum eine als gut zu werten ist. Alles wird teurer, der Sommer ist definitiv zu trocken und heiß, dafür könnte der Winter im eigenen Heim kalt werden – all das beschäftigt Sie, mich und die gesamte Bevölkerung sicherlich.

Wie soll man es da eigentlich noch schaffen, abzuschalten, wenn anderswo der Krieg tobt und viele Menschen auf der Flucht sind? Und gleichzeitig sollen wir selbst es uns gut gehen lassen im Sommer, in der Ferienzeit? Die ab 1950 Geborenen haben wenig Phasen erlebt in ihrem Leben, die so politisch aufregend waren wie diese aktuelle Zeit. Ein chinesischer Fluch besagt: „Mögest Du in interessanten Zeiten leben“. Na, die haben wir definitiv im Moment. Der Umgang mit all den negativen Informationen ist nicht leicht und wir müssen alle einen Weg finden, mit dem höheren Stresslevel durch die bedenklichen oder negativen Nachrichten umzugehen und trotzdem Phasen geistiger Entspannung zu finden.

Persönlich habe ich ab und an nur den Wunsch, einfach in Ruhe mal irgendwo sitzen zu können (am liebsten mit einem Tee oder Cappuccino), ohne dass man sofort das Nächste tun muss. Das muss gar nicht lang sein, aber allein das Gefühl, der Luxus, etwas mehr Zeit zu haben als sonst, füllt bei mir schon die Batterien wieder etwas auf. Andererseits darf ein Urlaub aus meiner Sicht auch nicht zu fade sein. Nur am Strand zu liegen liegt uns Dermatologen ja häufig Fachgruppen-spezifisch sowieso nicht. Mich packt es dann fast, am Strand oder Pool rumzugehen und zu sagen: „Sie müssen nun aber aus der Sonne“, „Sie sollten Ihre Nävi mal kontrollieren lassen beim Dermatologen“ oder „Sie haben Diagnose XY“. Erfreulicherweise für meine Kinder, die einen je älter sie selbst werden ja eh immer peinlicher finden, kann ich mich noch beherrschen, es nicht zu tun. Dann freue ich mich still (natürlich voller Mitleid für die Betroffenen), dass unserem Fachgebiet zumindest die Arbeit nicht so bald ausgehen wird, bei all den Sonnenschäden, die da leider auf uns zurollen in den nächsten Jahrzehnten. Dann kann ich zumindest noch besser entspannen.

Hoffentlich hatten Sie auch eine schöne, erholsame Sommerzeit (trotz der bedenklichen Nachrichten aus Deutschland und aller Welt) in der Freizeit/Urlaub oder in der Arbeit und hoffentlich schaffen Sie es, Ihre Batterien aufzuladen, um dann wieder kraftvoll zupacken zu können! Unsere Patientinnen und Patienten werden es uns danken!

Ach, und nächstes Jahr wird es im Juli auch nicht unbedingt viel entspannter. Falls Sie sich schon ein paar Termine notieren wollen: Weltkongress für Dermatologie in Singapur vom 3. bis 8. Juli sowie Anatomiekurs und Grundkurs für ästhetische Dermatologie vom 14. bis 16. Juli 2023.

Herzlichst, Ihre
Claudia Borelli