Editorial 4/2018
Landesärztekammern und Fortbildung: mehr Vertrauen – weniger Kontrolle
Ende Juli war wieder die Fortbildungswoche in München mit einer Session der Arbeitsgemeinschaft Ästhetische Dermatologie und Kosmetologie (ADK) e. V. Am 12./13.10.2018 folgt in Tübingen der Grundkurs für Ästhetische Dermatologie zur Erlangung des Zertifikats Dermatologische Ästhetik/Kosmetologie. Die ADK und wir Dermatologen ganz allgemein sind aktiv und nehmen an vielen Veranstaltungen teil, bzw. organisieren selbst welche. Eigentlich alles wunderbar, sollte man meinen. Aber ganz so schön ist das Thema leider doch nicht.
In den vergangenen Jahren hat sich viel verändert im Sektor Fortbildung, zum Teil geht das in die richtige Richtung, zum Teil aber auch leider nicht. Im Rahmen der Punktezuteilung für die Fortbildungswoche wurden von der Fortbildungsstelle der Bayerischen Landesärztekammer (BLÄK) diverse Vorträge vorab zur Ansicht angefordert. Als Vorsitzende eines der Kurse bei denen dies Referenten traf, habe ich daraufhin die zuständige Stelle der BLÄK kontaktiert, um nachzufragen, was es damit auf sich hat, nachdem natürlich aufgeregte Rückfragen durch die Referenten selbst dazu bei mir eingetroffen waren.
Selten haben Referenten ihre Beiträge schon Wochen zuvor fertig. Viele arbeiten bis zuletzt an dem, was sie den Teilnehmern präsentieren möchten. So ist es also zum einen für die Referenten zumindest ein zusätzlicher, unerwarteter Mehraufwand, zum anderen bedeutet es für die Kongressorganisation, dass nicht klar ist, mit wie vielen Punkten die jeweiligen Sitzungen versehen sind. Das wiederum ist für die Teilnehmer ungünstig, die genau dies gern vorab wissen möchten.
Aber das alles wäre gar noch nicht so schlimm, denn als Ärztinnen und Ärzte sind wir es ja durchaus gewohnt, mit Unbill zurechtzukommen. Ich persönlich finde den Weg, den die Kammer hier beschreitet völlig falsch! Denn wie soll das denn weiter gehen (schließlich sind wir hier in Deutschland und tendieren zu gefährlicher Perfektion)? Sollen in Zukunft nicht vielleicht doch alle Vorträge vorab eingereicht werden? Das wäre doch noch sicherer!
Selbstverständlich sollen mit Punkten versehene Vorträge keine Werbeveranstaltungen für Produkte sein. Das steht außer Frage. Aber, dass die Kammer bei Referenten anfängt die Vorträge zu kontrollieren, halte ich für falsch. Denn – wer täuschen will, kann immer täuschen. Und die Kammer verliert meines Erachtens zusätzlich an Attraktivität, wenn sie anfängt, sich immer weiter zu einer Kontrollbehörde zu wandeln. Auch in der Kindererziehung gilt: Vertrauen gegen Vertrauen.
Damit fährt man viel besser, als mit kleingeistiger Kontrolle. Und wir Ärztinnen und Ärzte erkennen daran, dass wir uns noch viel mehr engagieren müssen, sonst läuft etwas schief.
Die Fortbildungsordnung der Bundesärztekammer ist gut gewollt. Aber wer schon einmal einen Ultraschallkurs besucht hat, bei dem kein Gerät verwendet wurde oder wer schon einmal bei einem Laserschutzkurs war, bei dem kein Laser zum Einsatz kam, soll sich bitte melden. Produktneutralität ist toll, aber doch bitte noch so, dass wir unser Fach sinnvoll fortbilden können. Wir müssen alle darauf achten, dass die Kammer nicht über das Ziel hinausschießt. Und das geht nur durch Engagement in der Kammer und in den Gremien.
Herzlichst Ihre
Prof. Dr. Claudia Borelli
PS: Der ADK-Grundkurs in Tübingen am 12./13.10.2018 wurde durch die Landesärztekammer Baden-Württemberg mit 17 Punkten zertifiziert.
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