Editorial 3/2021

Der gute Arzt
Was macht eigentlich einen guten Arzt und eine gute Ärztin aus?
Das ist natürlich ein sehr weites Feld. Wahrscheinlich halten wir alle uns selbst für gute Ärzte. Aber sind wir das auch – in den Augen unserer Patienten oder Kollegen?
Der gute Arzt ist natürlich fachlich gut. Er kennt die einschlägigen Krankheitsbilder, die ihm begegnen können und erkennt vielleicht auch viel Seltenes oder weiß zumindest, wen er dann fragen muss, wenn er selbst mit seinem Latein am Ende ist. Der gute Arzt weiß viel, weiß, dass er nicht alles weiß und weiß, dass er sich Hilfe holen muss, wenn er allein nicht weiterkommt. Ein guter Arzt ist sich also seiner eigenen Grenzen bewusst.
Wissen und das Wissen um die eigenen Grenzen. Auf Dauer baut man sich ein gutes Netzwerk auf, das man bemühen kann, um den Patienten zu helfen. Was aber macht einen guten Arzt noch aus? Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Der gute Arzt ist in der Lage, mit seinen Patienten und deren Angehörigen sehr gut zu kommunizieren. Dabei muss er sich zum einen Zeit nehmen und das Gespräch überhaupt stattfinden lassen – und zum anderen muss er in diesen Gesprächen in der Lage sein, gegenüber medizinischen Laien, der Familie oder eben auch gegenüber ärztlichen Kollegen, den Zustand seines Patienten gut zu schildern, sodass der Patient selbst oder seine Angehörigen in der Lage sind, zu verstehen, was zu erwarten ist oder eben nicht. Dabei, und das ist das Erstaunliche, benötigt der gute Arzt im Vergleich zu anderen Ärzten gar nicht länger für dieses Gespräch. Er kann nur grundsätzlich anschaulicher erklären und beschreiben.
Aus meiner Sicht für einen guten Arzt ganz besonders wichtig ist die Empathie, die er für seine Patienten empfindet und die man ihm anmerkt. Ärzte, die nur Befunde „herunterrattern“, sind vielleicht gute Wissenschaftler und kennen die Thematik, aber das Allerwichtigste fehlt ihnen: Verständnis für die Situation des betroffenen Patienten, der betroffenen Familie. Und da benötigt der gute Arzt auch gar nicht viele Worte – das schwingt einfach mit, das strahlt er aus, ohne dass es extra erwähnt werden muss. Wir alle sollten diese sozialen „Skills“ nicht unterschätzen. Wer tagtäglich sehr viele Menschen sieht und diese behandelt, stumpft mit der Zeit vielleicht auch etwas ab. Dieser Gefahr sollten wir uns bewusst sein und versuchen, aktiv dagegen zu wirken. Jeder Patient, der zu uns kommt – sei es tagsüber oder nachts im Notdienst – hat ein Anliegen und sucht unsere Hilfe. Und die sollten wir bestmöglich bieten, jeden Tag erneut mit Empathie. Sei das Anliegen in unseren Augen auch noch so nichtig, dem Patienten ist es wichtig und darum sollten wir es auch ernst nehmen.
Daran sollten diejenigen, die das vielleicht vom Typ her nicht automatisch autodidaktisch mitbringen, arbeiten. Wir können natürlich nicht all unsere Patienten heilen. Aber was wir können, und was der gute Arzt automatisch kann, ist, dass sich die Patienten nach einem Gespräch mit uns, ihrem Arzt, besser fühlen. Die wahre Kunst des guten Arztes liegt darin, auch schlechte Nachrichten ordentlich zu kommunizieren (ohne zu beschönigen), sodass der Patient aus diesem Gespräch trotzdem Kraft ziehen kann. Und das kann er nur, wenn wir auch unsere Empathie mit einfließen lassen. Damit meine ich keine übertriebenen Gefühlsausbrüche, sondern nur das Mitschwingen unserer Wertschätzung für den Patienten – den Patienten in seiner Situation als Betroffener, als Kranker – und auch Empathie für die Familie.
Es ist immer wieder mal gut, als Arzt die Patientenseite, die Situation als Angehöriger zu erleben. Da sieht man ganz klar, was einen guten Arzt und eine gute Ärztin ausmacht und wie erschreckend schlecht manche Ärzte und Ärztinnen doch kommunizieren. Gut ist ja, dass diese Themen nun bereits im Studium und als Teil der Weiterbildung zum Facharzt gelehrt werden. Aber alles Wissen nützt nichts, wenn man es selbst nicht als wichtig erachtet und nicht erkennt, dass es eben die Kommunikationsfähigkeit ist, die letztendlich den guten vom schlechteren Arzt unterscheidet.
Nehmen wir uns tagtäglich vor, ein guter Arzt zu sein! Arzt ist ein phantastischer, befriedigender Beruf mit vielen verschiedenen Facetten (und die Dermatologie ein wunderschönes Fach). Jeder von uns kann seine/ihre spezielle Nische finden. Aber die Kommunikation darf man dabei nicht außer Acht lassen – ebenso wenig die menschliche Wärme und Wertschätzung für unser Gegenüber, unsere Patienten! Da hat es dann, bei allem zusammengetragenen Wissen, auch die künstliche Intelligenz recht schwer, uns zu ersetzen.
Herzlichst,
Ihre Claudia Borelli

Spezielle Informationen für Laien zum Thema Haut, Hautpflege und Kosmetik

ästhetische dermatologie & kosmetologie 1/2025
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