Editorial 2/2025
„Ich weiß, dass ich nichts weiß!“ – Was tun in ungewissen Zeiten?
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,
kaum haben wir die Wahlen zum deutschen Bundestag hinter uns, überschlagen sich die Ereignisse: Donald Trump und Elon Musk definieren das europäisch-amerikanische Verhältnis neu, indem sie die europäischen Nationen nicht in potenzielle Waffenstillstands-Verhandlungen in der Ukraine einbeziehen und letztere anscheinend aufgeben. Weiterhin steht eine massive Erhöhung von Zöllen seitens der USA auf dem Programm sowie ein Rückzug der Vereinigten Staaten aus der europäischen und Nato-Verteidigungsallianz. All dies innerhalb einer Woche nach der Bundestagswahl führt zu einem ungeheuren Druck bei den anstehenden Koalitionsverhandlungen zwischen CDU/CSU und SPD.
Eingerahmt in eine „Koalition der Willigen“ zur Unterstützung der Ukraine werden milliardenschwere EU-Hilfen für Aufrüstung und Infrastruktur auf den Weg gebracht und man fragt sich, ob wir dazu überhaupt die Kapazitäten haben und man Donald Trump mit Geld für US-Güter ruhigstellen kann. Schaut man hinter die Kulissen, wird klar, dass die Position der Vereinigten Staaten kaum durch Europa ersetzt werden kann. Uns fehlen gerade im militärischen Sektor weitgehende Fähigkeiten. Die Positionierung der neuen Ausgabenblöcke, die uns für gut eine Generation binden, sollte auch nicht aus dem Bauch heraus erfolgen, sondern nach intensivem Abwägen. Abstimmungen Bundestag alt gegen Bundestag neu über Änderungen im Grundgesetz zu Schuldengrenze und Sondervermögen sind verfassungsrechtlich problematisch. Ob der Kanzlerkandidat Merz das alles überlebt, ist zumindest fraglich.
Rotes Tuch: neue Gebührenverordnung
Uns als Ärzten in einem überregulierten Gesundheitswesen sollte klar sein, dass wir durchaus heute schon zu den zukünftigen Verlierern bei diesen Ausgabenblöcken zählen könnten. Umso mehr ist es überlebenswichtig, durch Konstruktion einer flexiblen und schlanken, endlich an Kaufkraft und Inflation orientierten Gebührenordnung (GOÄ) den Kollegen nicht weitere Steine in den Weg zu legen. Die seitens der Bundesärztekammer (BÄK) vorgelegte neue Fassung der Gebührenordnung ist nicht nur für Dermatologen problematisch.
Es handelt sich hier um den Versuch eines Teils der Ärzteschaft, für die sprechende Medizin einen scheinbaren Vorteil auszurechnen, indem man dies auf Kosten eher technisch orientierter Fächer tut. Dabei wird auch nicht beachtet, dass es Gebiete wie die ästhetische Dermatologie und die Prävention gibt, die von den Patienten selbst bezahlt werden müssen und somit keinem scheinbare Gebot einer Kostenneutralität unterliegen, wie sie die BÄK zusammen mit der privaten Krankenversicherung sieht. Die neue GOÄ erscheint uns in ihrer Auswirkung nicht vollständig durchdacht, zumal der Bundesgerichtshof in einem aktuellen Urteil festgelegt hat, dass Ärzte generell nach diesen Vorgaben – egal in welchem Rahmen – abrechnen sollen. Durch das Fehlen eines Steigerungsfaktors und der Analog-Abrechnung ist der vorgelegte Entwurf innovations- und leistungsfeindlich und bedroht die Existenz zukunftsorientierter Praxen – gerade im Privatbereich. Auch berücksichtigt er nicht die Unterschiede in der Kaufkraft der jeweiligen Region. Man hat das Gefühl, dass der Gedanke einer einheitlichen GOÄ in die Jahre gekommen ist und der Realität des Gesundheitsmarktes im Jahr 2025 so nicht entspricht.
Was man selbst in der Hand hat
In der jetzigen Phase der deutschen und internationalen Politik mit drohenden kriegerischen Auseinandersetzungen im Nato-Bereich sollte man nicht eine neue GOÄ ausprobieren, sondern die Kräfte bündeln und die bewährte GOÄ entsprechend gestalten. Der Steigerungssatz sollte von 2,3 in der Regel maßvoll auf 3,0–3,5 erhöht werden. Auch in der privaten Gebührenverordnung könnte man gewisse Bagatellerkrankungen den Patienten überlassen. Diese Möglichkeiten haben wir überwiegend selbst in der Hand.
Von allem anderen ist in der jetzigen unsteten politischen Phase absolut abzuraten. Denken wir bitte daran, dass die jetzige GOÄ seit 2002 ohne eine Erhöhung besteht. Corona und Inflation haben uns seitdem über 30 % unserer Kaufkraft geraubt. Von den Personalkosten ganz zu schweigen! Berechnet man die Jahre seit 1983 hinzu, müssten wir unter dem Gesichtspunkt Kaufkraftverlust noch erheblich mehr verlangen. Die Ärzteschaft sollte sich hier nicht spalten lassen von Argumenten der sogenannten Kostenneutralität, sondern jetzt überlegen, wie man die alte Gebührenordnung sinnvoll anwendet. Die Instrumente dazu sind vorhanden (vgl. EU-Parlamentarier Alimentation). Auf der anderen Seite sollte man auch bei der Verordnung Augenmaß walten lassen. Zeit zum Experimentieren mit einer neuen Gebührenverordnung besteht jedenfalls nicht.
Ihr
Dr. Matthias Herbst
Generalsekretär

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ästhetische dermatologie & kosmetologie 2/2025
Themenschwerpunkte aus allen Bereichen der ästhetischen Dermatologie